Eingeschränkter Kündigungsschutz für leitende Angestellte Vertragsdurchführung entscheidend!

Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 07.11.2008

Eingeschränkter Kündigungsschutz für leitende Angestellte

Vertragsdurchführung entscheidend!

In der Praxis ist häufig die Auffassung anzutreffen, dass leitende Angestellte keinen Kündigungsschutz haben. Dies ist unzutreffend. Allerdings unterscheidet sich das Arbeitsverhältnis eines leitenden Angestellten in rechtlicher Hinsicht grundlegend von anderen „normalen“ Arbeitsverhältnissen. So gelten bestimmte Arbeitnehmerrechte für leitende Angestellte nicht oder nur eingeschränkt. Aufgrund seiner Nähe zur Unternehmensleitung nimmt der leitende Angestellte eine Sonderstellung in der Belegschaft ein, die z.B. auch mit einer deutlich höheren Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber einhergeht. Rechtlich kommt dies u.a. darin zum Ausdruck, dass z.B. an das Vorliegen von verhaltensbedingten Kündigungsgründen geringere Anforderungen als bei „normalen“ Arbeitnehmern gestellt werden. Dem entsprechend können Sachverhalte, die bei „normalen“ Arbeitnehmern allenfalls für eine Abmahnung ausreichen, bei leitenden Angestellten unter Umständen bereits eine Kündigung rechtfertigen.

Darüber hinaus besteht bei leitenden Angestellten die Besonderheit, dass sich der Arbeitgeber auch bei einer unwirksamen Kündigung durch einen sog. Auflösungsantrag von dem leitenden Angestellten gegen Zahlung einer Abfindung trennen kann. Dies ist bei der Kündigung eines „normalen“ Arbeitnehmers anders. Letztgenannter kann mittels einer Kündigungsschutzklage sein Verbleiben im Betrieb erzwingen. Entscheidet das Arbeitsgericht nämlich, dass die Kündigung unwirksam ist, muss der Arbeitgeber den klagenden Arbeitnehmer weiterbeschäftigen und zudem Gehaltsrückstände seit dem Ablauf der Kündigungsfrist nachzahlen - ob ihm das gefällt oder nicht. Dieses auf Arbeitgeberseite ganz erhebliche Risiko führt im Kündigungsschutzprozess häufig dazu, dass vom Arbeitnehmer nicht unerhebliche Abfindungszahlungen verhandelt werden können. Zwar können sich auch leitende Angestellte gegen eine Kündigung vor dem Arbeitsgericht wehren, allerdings mit der vorbeschriebenen Besonderheit, dass der Arbeitgeber bei einer unwirksamen Kündigung einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses und zwar zum Ablauf der Kündigungsfrist gegen Zahlung einer Abfindung stellen kann. Das Arbeitsgericht muss dann zwingend dem Auflösungsantrag des Arbeitgebers stattgeben, ohne dass sich der leitende Angestellte im Geringsten hiergegen wehren kann. Damit hat der leitende Angestellte beim Abfindungspoker oftmals schlechtere Karten als der „normale“ Arbeitnehmer.

 Aber nicht jeder, der eine hervorgehobene Position im Betrieb hat oder dessen Arbeitsvertrag den Hinweis auf eine leitende Position enthält, ist auch tatsächlich leitender Angestellter im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes. Ob ein Arbeitnehmer bei der Kündigung als leitender Angestellter anzusehen ist, richtet sich nach § 14 Kündigungsschutzgesetz.

Hiernach ist leitender Angestellter, wer:

  • Zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist
  • Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist
  • Regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidung im wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst.

 Auch wenn es für den Arbeitnehmer regelmäßig eine Privilegierung darstellt, zum Kreis der leitenden Angestellten in einem Unternehmen zu gehören, so sollte dennoch im Zusammenhang mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses genau überprüft werden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen tatsächlich vorliegen. Sowohl für den betroffenen Arbeitnehmer als auch den Arbeitgeber können die rechtlichen Auswirkungen ganz erheblich sein.

 


Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
Tel. 06151/30 766-0

Zurück